SEPTEMBER
Okay?
FÜNFUNDZWANZIG
Ich wollte dir das erst sagen, wenn wir uns sehen. Wenn du mich hören kannst.
Aber ich liebe dich und du hast gestern so gut auf mein Herz aufgepasst, dass ich dir etwas mehr über die Sonnen erzähle.
Meine erste Sonne ging im Osten auf, hinter den Bergen stieg sie empor und brachte den Tag zur Welt. Ohne sie wäre ich nicht aufgewacht. Ohne sie hätte ich mich auch nicht an das helle Licht der Mittagssonne gewöhnen können. Ich hätte zu viel Angst davor gehabt, wenn sie mich nicht sanft daran gewöhnt hätte. Und bei der Morgensonne hatte ich immer das Gefühl, sie geht nur für mich auf.
Ich weiß noch ganz genau, wie ich mich das erste Mal in die Mittagssonne traute. Die Morgensonne war untergegangen, hatte von ihr erzählt. Und ich kam mir ein bisschen blöd vor einfach so in das Licht zu stolpern, aber darüber dachte ich nicht ganz so viel nach. Denn ich dachte, sie sieht mich von da oben ja eh nicht. Deshalb blieb ich noch viel bei der Morgensonne. Ich erzählte ich auch nicht, dass ich in der Mittagssonne war, sie sah es ja auch noch nicht, weil ich keinen Sonnenbrand hatte. Aber irgendwann habe ich es ihr erzählt. Und hatte Angst, weil ich dachte, dass Sonnen zusammengehören.
Und dann war ich immer lieber in der Mittagssonne, auch wenn darauf die Abendsonne folgte. Und irgendwann habe ich angefangen länger zu schlafen. Den Sonnenaufgang zu verpassen. Ich habe lieber geschlafen, bis die Mittagssonne da war.
Ich glaube, dass ich deswegen auch oft einen Sonnenstich hatte. Ich muss mich eben immer erst an das Licht gewöhnen.
Und jetzt verteckt sich meine wunderschöne Morgensonne hinter Wolken.Und das wollte ich nicht.
Also muss der Wind ein bisschen gehen. Und davor habe ich ein bisschen Angst.
Aber der Baum hält mich hohlen Ballon fest, nicht wahr? Der Baum hält mich immer fest.
Ich liebe dich, buntbemalte Eierschale. :)
Bis heute Abend.
Die Bilder habe ich im Flieger geschossen, ich werde die restlichen Bilder auf dem anderen Blog hochladen, damit du sie sehen kannst, wenn du magst.
DREIUNDZWANZIG
"Sometimes the hardest part isn't letting go but rather learning to start over."
Nicole Sobon
ZWEIUNDZWANZIG
Unbestreitbare Tatsachen, die mir mein Leben gerade erschweren:
1. Mein Zimmer sieht aus, als hätte ein Tornado darin gewütet - meine Mum hat also Recht mit der Aussage "Europa, die bist wie ein Tornado: Betritts ein Zimmer, drehst dich zweimal um und alles ist verwüstet."
2. Mein Zimmer bietet eine wunderbare Grundlage für Streit.
Mum: "Warum liegt hier schon wieder alles auf dem Boden!?"
Ich: "Schon mal was von Schwerkraft gehört?"
Sowas kommt nicht gut.
Auch die Antworten "Das ist Kunst" oder "Das ist meine Inspiration" sind nicht die besten Aussagen.
3. Meine Beweglichkeit ist durch einen Muskelkater seit Mittwoch extrem eingeschrenkt.
4. Mein Zimmer!
5. Die Tatsache, dass es spätestens Samstag wieder betretbar sein muss
6. Mein scheinbar unstillbarer Drang nur draußen durch die Gegend zu rennen und so unproduktiv meine Gedanken schweifen zu lassen
7. Kunstunterricht mit meiner herzallerliebsten Lehrerin
8. Eurer scheiß Magertrend und dieses ständige "Oh mein Gott, ich bin so fett, ich habe gestern wieder zugenommen, siehst du!? Gott, jetzt wieg ich nicht mehr unter 50kg!"
9. Hannas Krankenhausaufenthalt
10. Europa Titania
EINUNDZWANZIG
Nein, ich weiß nicht, was du von mein Brief hälst.
Ich kann die Gedanken von Menschen meist nur dann lesen, wenn ich sie sehen kann. Dann sind sie offene Bücher.
Deswegen muss ich diese Menschen nicht kennen, um mich mit ihnen "Auszusprechen".
Vielleicht kenne ich nicht jede ihrer Seiten auswendig, aber ich sehe, welche Art von Buch sie sind und worum es geht.
Allerdings halte ich auch nichts von Neuanfängen. Was soll das auch schon sein? Neuanfang.
Aber mit Trennen kenne ich mich aus.
Ich glaube, ich kann gar nicht anders.
Nach diesem Sommer besuche ich meine 5. Schule, mein 3.Zuhause (definieren wir es in diesem Fall mit "Orte, an denen ich gewohnt habe", denn Zuhause habe ich viele), unzählige neue Menschen.
Und wenn die Zeit reif ist, wie Apfel, der rot und voll am Baum hängt, werde ich auch das wieder in den hinteren Teil meines Lebens schieben.
Mit manchen Unterstellungen kann man leben, andere muss man hinnehmen und wieder andere muss man klar stellen.
Und schon bist du mein Buch ud ich kann fröhlich in deinen Seiten blättern.
Ich denke, du weißt, was Trennungen sind. Du hast sogar ein paar Erfahrungen damit.
Dennoch behaupte ich, dass die meisten Trennungen nicht deine Schuld und dein Wunsch waren. Du warst die Passive, die sich trennen ließ. Trennen, von Dingen, die irgendwann anfingen zu dir zu gehören.
Ich trennte.
Ich trenne immer noch.
Vielleicht, um irgendwann das Reine zu erhalten.
Oder um so viele Teile wie möglich gehabt zu haben.
Möglicherweise ist das Gefühl auch einfach zu intensiv und ich kann einfach nicht ohne dieses mächtige Gefühl.
Und ich offenbare dir schon wieder so viel, weil ich nie dein Buch sein werde.
Selbst wenn ich dir gewähren würde in meinen Seiten zu Blättern und ihrem Rascheln zu lauschen, du würdest es ja doch nicht verstehen.
Und ich hasse dich nicht. Ich hasse niemanden.
Nur es gibt einfach Menschen, den will man immer wieder den Kopf in die Kloschüssel tunken. Das hat nichts mit Hass zu tun.
(Mika gehört nicht dazu, es ist zu schön sie trocken zu sehen.)
Nur weißt du, wenn du wirklich etwas über "Trennen" wüsstest, dann würdest du wissen, dass es sowas wie Trennen nicht gibt.
Perdite hat dazu etwas Wundervolles gesagt. Nur eine handvoll Menschen kennt diese Worte, aber in der Hoffnung, du verstehst sie und lernst daraus, sind sie auch hier für dich, für euch beide:
Mir wurde bewusst, dass sie weg war.
Und es gab keinen Weg mehr zu ihr.
Diesmal konnte ich ihr nicht mehr hinterher fahren.
Und das Einzige, was sie mir hinterlassen hatte war ein riesiges Loch.
"Das Loch wird für immer bleiben. Man kann es nicht einfach füllen. Es ist einfach für immer dort. Unsere einzige Möglichkeit ist es uns selbst zu vergrößern, mehr Teile an uns zu bauen, damit das Loch in der Masse untergeht."
Das hat sie gesagt, am Meer.
Als sie neben mir, an mich geschmiegt, lag.
Als das Mondlicht ihren Körper zart scheinen ließ und sie so nackt und schön und schamlos war, dass sie mich unwillkürlich an Eva aus dem Paradies erinnerte.
Ich habe es ihr nie gesagt.
Vielleicht, wenn diese Worte alles in dir erreichen, vielleicht wirst du dann handeln. Wirst tun, was du tun musst, dein Wissen anwenden.
Europa Titania
ZWANZIG
Europas Hauptgedanken:
1. Himmel, ich werde nie wieder gesund. Es wird kein Tag mehr vergehen, an dem mir nicht schlecht ist und mir der Kopf weh tut.
2. Ich glaub, ich verreck hier gleich in meinem Bett!
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